KONZEPT UND AUTORENPROJEKTE
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BILLEINE INSTALLATIVE RAUM-KLANG OPER / AN INFOGRAPHIC OPERA
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BILL von Jorge Sánchez-Chiong und Thomas J. Jelinek
Uraufführung 14. - 17. November 2013
Palais Kabelwerk im Rahmen von WIEN MODERN
Komposition und musikalische Umsetzung Sánchez-Chiong
Konzept / Installation / Text und Bühnenumsetzung Thomas J. Jelinek
mit: PHACE ENSEMBLE
Saxophon: Lars Mlekusch Schlagzeug: Berndt Thurner Cello: Roland Schueler
Sopran: Kaoko Amano Tenor: Paul Schweinester
Videoanimation: Thomas Wagensommerer
Produktion: progetto semiserio / Leitung: Georg Steker und IGNM in Kooperation mit: WIEN MODERN und Palais Kabelwerk
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BILLheißt, übersetzt, Rechnung. Das sich im Rahmen des Festivalmottos GATES Assoziationen zum derzeit größten software-entwickelnden Konzern herstellen, ist im Sinne des kontextuellen Werks natürlich Absicht. Diese ist ein Rechnungswerk, das die Formel als Tor zur Erkenntnis der Welt und die Zahlen zur Beschreibung der exponentiellen Kurven, der Rechnung die dem Menschen von der „Welt“, in Form konkreter mathematischer Poesie, gestellt wird. und doch jeder für sich von Gewinnsucht und dem Glauben an das ewige Wachstum getrieben, Sklaven eines Systems sind, das sie doch selbst mitgestalten und vorantreiben. Die wohl am meisten genreübergreifende Arbeit ist eine Musiktheater-Installation, die einen musikalischen und medialen Raum der Fragen nach dem Sinn hinter den Zahlen gestaltet. Projektionen so abstrakt und unfassbar wie bloße Zahlen, die die Welt zu erfassen suchen werden die Arbeit ebenso bestimmen, wie die überwiegende und wesentlich durch Binärcodes erzeugte elektronische Musik. |
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Das tragende Element des Textes sind Zahlen. die gegenwärtige Verehrung der Zahlen und der Mathematik, der Statistiken, Prognosen und Gewinnkurven. von Microsoft als nicht so falsch heraus, da unsere Gegenwart eine Epoche der globalen Grosskonzerne und ihrer Macht ist, die sich auf die Absolutheit der Zahlen gründet, wie Religionsfürsten auf ihr Dogma – das die Sprache der Mathematik zum Wahrheitsbeweis heranzieht. und auch politische brutale Konflikt der Gegenwart stürzt sich kreischend mit einem absurden Hochamt der Selbstverherrlichung auf die Opernbühne und wird in der inszenierten Übertreibung zum Protestschrei und zur musikalisch-, künstlerischen Enthüllung des Betriebsprogramms der gegenwärtigen Handlungsszenarien. Dargestellt in Zahlen und Schwingungen. |
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presse : Oper, Wien Modern | ||
Vom Leben in der falschen ZeitVon Michaela Preiner
in Zusammenarbeit mit dem sirene Operntheater – progetto semiserio und der IGNM.
sorgte für das Konzept, den minimalen Text und die Bühne. Der Titel „Bill“ verweist auf das englische Wort für „Rechnung“ assoziiert aber auch jenen Mann, der den größten Softwareentwickler unserer Zeit begründete. Immer schneller werdende, zum Schluss nicht mehr verfolgbare rasende, aufsteigende Zahlenkolonnen, auf mehrere hintereinander gestaffelte, durchsichtige Leinwände projiziert, symbolisierten den wirtschaftlichen Fortschritt seit dem 18. Jahrhundert auf unserem Planeten, zugleich aber auch die Überpopulation und die irrwitzige Ausbeutung, die damit einhergeht. Eine Klangdichte, die sich im Laufe der „installativen Raum-Klang Oper“ zur Schmerzgrenze hin ausweitete, unterstrich diese unaufhaltbare Entwicklung. Die auf der Bühne mitagierenden Musiker von Phace machten deutlich, wie sehr der Mensch in den Produktionswahnwitz eingebunden ist und diesen trotz aller sichtbaren Bedrohungen weiter verfolgt. Da wurden absurde Klangkästen mit Schläuchen traktiert, Percussioninstrumente, Cello und Saxophon in all ihren Klangmöglichkeiten ausgereizt und keine Rücksicht auf Kaoko Amano und Paul Schweinester genommen, die in die Rollen der Dokumentierenden geschlüpft waren, ohne in den Wahnwitz weiter eingreifen zu können. Das dichte, auditive Gespann, teilweise mit harten Beats akzentuiert, erlaubte keinerlei Gedankenabschweifung und machte klar, dass es aus dieser Situation keinen Ausweg geben würde. Erst als abrupte Stille und tiefes Schwarz den Saal ausfüllten, war dem zerstörerischen Treiben ein Ende gesetzt. Hart, mitreißend, unbarmherzig und illusionsfrei präsentierte sich der Schluss dieses Abends und machte mehr als deutlich, dass individuelle seelische Empfindlichkeiten auf das Weltgeschehen keinen Einfluss mehr ausüben. |