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22.04.2004/Nachmittagsgruppe

Der Beitritt von zehn neuen Mitgliedern bringt zahlreiche neue Möglichkeiten im neuen Europa. Insgesamt zehn neue Mitglieder zählt die neue EU ab 1. Mai. Vom ganz kleinen Staaten wie Malta mit knapp 400.000 Einwohner/innen bis hin zu Polen, mit seinen über 30 Millionen Bewohner/innen. Wisst ihr, welche Länder da noch dabei sind?
In den ersten 5 Minuten werden fleißig die Beitrittsländer aufgezählt und tatsächlich kommen die Chatteilnehmer auf alle 10 Länder, die ab 1. Mai der EU beitreten.

Was fällt euch spontan zu diesen Ländern ein?
Auf diese Frage fallen die unterschiedlichsten Stichwörter. Kurz zusammenfasst waren diese: Reiseziele, Kulturenvielfalt, billigere Programmierer aus dem Osten, Sprachbarrieren und die Feststellung, dass Ostsprachen eine hohe Bedeutung bekommen

Welchen Ländern steht ihr positiv und welchen steht ihr negativ gegenüber - und warum?
Grundsätzlich sind die Teilnehmer den neuen EU-Ländern eher positiv eingestellt, natürlich reichen die Meinungen von der kritischen Hinterfragung über Neugierde bis hin als Chance jeden einzelnen und andererseits für Europa. Weiters treten einige Meinungen auf, dass uns die neuen EU-Bürger um einiges voraus sein könnten, z.B.: besser Deutsch sprechen, mehr Menschen die Matura gemacht haben und dass sie über unsere „westlichen“ Länder schon mehr wissen, als wir über sie.

Stichwort Polen: Armut, Kriminalität ... positiv oder negativ
Dem Beitritt Polens blicken die meisten Teilnehmer unseres Chats grundsätzlich eher skeptisch entgegen, weil Polen doch noch zu einem der ärmeren Ländern gehört.

EU als Mutter Theresa - wir helfen den anderen Ländern um wirtschaftlichen Barrieren abzubauen - unsere Vorteile?
Die Stellungnahmen auf diese Frage kurz zusammengefasst: neue Absatzmärkte, mehr Bildungsmöglichkeiten, Konkurrenz am Arbeitsmarkt, mehr Nachteile als Vorteile, Konkurrenz am Arbeitsmarkt nicht immer nur schlecht, Aufholbedarf in Hinblick auf unsere Fremdsprachkenntnisse

Am 1. Mai ist es soweit. Verhandlungen mit der Türkei über einen Beitritt werden bereits ausgehandelt. Wo ist Schluss? Wie weit soll Europa noch wachsen?
„wir sollen uns vor neuem nicht scheuen, riskieren und unsere Chancen suchen“
„warum soll irgendwo Schluss sein“
„Türkei ist meines Erachtens ein kritisches Thema“
„alle Länder Europas sollten eine Chance bekommen“

Also wollen wir eine gemeinsame Welt, nehmen wir alle dazu, Türkei, Russland, Rumänien, Ukraine und dann weiter nach Indien oder wohin?
Hier fallen Stichwörter, wie Einschränkung innerhalb der europäischen Grenzen, eine gemeinsame Welt ist Utopie, Beitrittsländer müssen ohnehin Kriterien erfüllen und Konzentration auf bestehende Erweiterungen. Dann schwenkt der Chat wieder zurück zu den Chancen, die wir durch die Beitrittsländer haben.

Welche Kriterien muss ein Land eurer Meinung nach erfüllen, um in die EU aufgenommen zu werden?
stabile Währung, Offenheit, Verfassungsstabilität, stabile innenpolitische Situation, muss in Europa liegen, stabile Regierung/Politik, Frieden, wirtschaftlichen Interessen der EU voll vertreten, Wirtschaftswachstum

Welchen persönlichen Vorteil erwartet ihr euch vom Beitritt dieser Länder? Für euch als Einzelperson?
Die Chatteilnehmer weichen dieser Frage gekonnt aus, eine/r sieht derzeit keine Vorteile, eine/r meint, dass Vorteile vielleicht erst in der Zukunft zu sehen sind, persönlichen Vor- und Nachteile schwer einschätzbar,

Wie beeinflusst der Beitritt der Länder unsere Karrierechancen?
„wer Ostsprachen beherrscht, gewinnt“
„durch den gemeinsamen Arbeitsmarkt positiv“
„Konkurrenzkampf wird größer, mehr Bildung“
„Kooperationen  Chancen bezüglich Wissensaustausch“
„Ungarn als Bsp: ist ein wunderschönes Land, warum sollte (ich) man es gegen Beton in Wien eintauschen“

Versetzt euch in die folgende Situation: Wir haben das Studium beendet und die EU ist größer geworden. Wer würde dann in die neue EU auswandern, dort arbeiten wollen? Was passiert, wenn plötzlich zahlreiche Wissensmanager aus den Oststaaten vor unserer Tür stehen und um die Hälfte arbeiten?
Auch diesem Thema versuchen die Chatteilnehmer auszuweichen, teilweise gelingt es ihnen. Hier trotzdem einige Meinungen:
„Herausforderung für uns, sicher nicht schlecht,“
„bin hier zu stark verwurzelt in Österreich“
„muss man flexibel sein“
Weitere Punkte, die aufkommen:
Warum lernen wir nicht schon früher „Ost“sprachen?
Unterschiede der Gehälter
Wird in Osteuropa WM betrieben?

Die Auswirkungen auf unsere Karriere und unseren Arbeitsmarkt sind eine Sache. Doch wie wird es sich auf die Wirtschaft auswirken? Billigprodukte aus den Oststaaten in unseren Regalen - billiger, qualitativ angepasst ... Auswirkungen auf einheimische Unternehmen?
Einige glauben, dass der Markt ähnlich bleibt und es nicht nur mehr Billigprodukte aus dem Osten gibt. Andere glauben, dass der Konkurrenzkampf für die Unternehmen stärker wird (Vorteil für Konsumenten  billigere Produkte)

Stichwort Mentalität: Inwiefern vertragen sich die unterschiedlichen Kulturen und Religionen miteinander? Die Geschichte hat gezeigt, dass die kulturelle Vereinbarkeit meist mit Problemen behaftet ist, …
„Ich glaube es gibt Länder bzw. Nationalitäten mit denen kann man und mit manchen mit denen man nicht kann!!!“ Diese Meldung wird seitens einiger anderer Chatteilnehmer stark kritisiert. Der „Unruhestifter“ rechtfertigt sich mit dem Argument der persönlichen Erfahrung.
Eine zweite Diskussion entfacht sich durch dieses Zitat: „ich finde man sollte hier klar trennen zw. wirtschaft, politik, kultur und religion. im wirtschaftlichen und politischen bereich hat religion nichts verloren.“ Es herrscht Einigkeit, dass diese Vorstellung recht utopisch klingt, was uns beim Weltgeschehen täglich bewiesen wird- aber es wär trotzdem schön.
Dann kommt der Gedanke auf, dass wir dem Beitritt eher neutral gegenüber stehen sollten, und vielleicht haben ja die Menschen in den Beitrittsländern ähnliche Ängste?!

Abschließend, EU Osterweiterung als Chance oder Bedrohung aus dem Osten? Und warum?
„EU Osterweiterung birgt doch beides in sich: Chancen und Risiken.“
„...aber erst in einigen Jahren erkennbar“
„eine Chance: Zuwachs an Wirtschaftsgröße und Risiko: vielleicht die Ungewissheit?!“
„EU Osterweiterung - sie akzeptieren und sich mit anderen Kulturen befassen, den kritischen Blick darf man nie verlieren, aber zunächst sehe ich es einmal als CHANCE.“
„ich stehe der Erweiterung neutral gegenüber; die zeit wird´s zeigen“
„jede Chance birgt auch ein gewisses Risiko in sich, sonst wäre es ja keine Chance!“

Die abschließende Einschätzung der Moderatorin lautet: „Das war's. Danke für eure Teilnahme. Die Mehrheit von euch ist zwar vorsichtig, aber doch positiv eingestellt.“